NABU: Vorhaben gleichzusetzen mit Stuttgart 21, Berliner Flughafen und Elbphilharmonie

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2,5 Milliarden Euro dürfte nach Angaben des NABU alleine die deutsche Hinterlandanbindung zur Fehmarnbeltquerung kosten. (Foto: Malte Siegert)

Ab heute liegen die Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren zur Festen Fehmarnbeltquerung öffentlich aus. Der Vorhabenträger, das staatseigene dänische Planungs- und Bauunternehmen Femern A/S, will bei der deutschen Landesplanungsbehörde in Kiel die vorgeschriebenen Unterlagen einreichen. Dänemark muss das Vorhaben nach deutschem Planungsrecht durchführen, da ein Großteil des vom dänischen Königreich finanzierten Projektes in Deutschland gebaut werden soll. Nur einen Monat bleibt den Umweltverbänden Zeit, die mehr als 10.000 Seiten umfassenden Planungsunterlagen zu prüfen und Stellung zu beziehen. Der NABU kritisiert, dass das Verfahren überhaupt formal eröffnet wird.

„Gigantomanie-Projekt“

„Es ist wieder mal ein trauriger Tag für den Umwelt- und Naturschutz. Auf Teufel komm raus soll in diesem sensiblen Bereich der Ostsee ein ökonomisch wie ökologisch überflüssiges Gigantomanie-Projekt realisiert werden. Und dies zu einer Zeit, wo Europa mehr Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Arten und Lebensräume ergreifen sollte, statt sie zu zerstören“, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Der Irrsinn müsse aufhören, bevor er richtig angefangen habe. Deswegen werde man die Unterlagen von Femern A/S sehr genau prüfen und wenn aussichtsreich, gegen den Planfeststellungsbeschluss juristisch vorgehen.

Ökologische Risiken

Aus Sicht des NABU birgt das Vorhaben erhebliche ökologische Risiken. Die Ostsee ist eines der am stärksten gefährdeten, belasteten und wirtschaftlich genutzten Ökosysteme weltweit und die nur 20 Kilometer breite Rinne des Fehmarnbelt ist Teil eines Verbundes von Natura 2000-Schutzgebieten, die nach europäischem Recht unter besonderem Schutz stehen. „Der Fehmarnbelt ist von einer vielfältigen, teils einzigartigen Flora und Fauna besiedelt und dient als wertvoller Trittstein und Ausbreitungskorridor für zahlreiche salztolerante Arten. Deswegen würde Europas größte Baustelle nicht nur temporäre, sondern nachhaltige Schäden anrichten. Der Schweinswal, aber auch Kleinlebewesen und Fische finden hier Rückzugsmöglichkeiten und ausreichend Nahrung“, so Nikola Vagt, stellvertretende Leiterin des NABU-Wasservogelreservates Wallnau auf Fehmarn und vor Ort zuständig für das Projekt.

12.000.000.000 Euro

Mit einem Staatsvertrag haben Deutschland und Dänemark 2008 den Bau einer festen Verbindung der dänischen Insel Lolland und der deutschen Insel Fehmarn beschlossen. Ein knapp 20 Kilometer langer Tunnel soll den gut funktionierenden Fährverkehr ersetzen und die Fahrtzeit für täglich durchschnittlich nur 10.000 Fahrzeuge zwischen Deutschland und Dänemark verkürzen. Kosten inklusive Hinterlandanbindungen: mindestens zwölf Milliarden Euro. Der NABU forderte Deutschland und Dänemark wiederholt auf, sich über einen gemeinsamen Ausstieg aus dem Vorhaben zu verständigen. Artikel 23 des Staatsvertrages sieht diese Möglichkeit dann vor, wenn sich gravierende Änderungen der Rahmenbedingungen wie durch die Finanz- und Wirtschaftskrise ergeben.
„Aufgrund fehlerhafter Berechnungen des Bedarfs und verschleierter Folgekosten reiht sich die Fehmarnbeltquerung nahtlos in andere ökonomisch unsinnige Großprojekte wie der Berliner Flughafen, Stuttgart 21 oder die Elbphilharmonie ein“, so NABU-Bundesgeschäftsführer Miller.

Kritik auch in Dänemark

Die kritischen Stimmen zu Europas größtem Infrastrukturprojekt, der festen Fehmarnbeltquerung zwischen Deutschland und Dänemark, wachsen nun auch auf dänischer Seite. In einem NDR-Beitrag formulierten gleich zwei renommierte Verkehrsexperten ungewohnt deutlich Kritik an dem gigantischen Vorhaben. Knud Erik Andersen, der fast 40 Jahre an zentraler Stelle für die dänische Verkehrsverwaltung gearbeitet hat, sagte dem Schleswig-Holstein Magazin, dass die Kosten für den geplanten Tunnel deutlich höher liegen und letztlich am Steuerzahler hängen bleiben würden. Auch der Verkehrswissenschaftler Per Homann Jespersen von der Universität Roskilde bestätigte, dass die Baukosten seit dem Jahr 2007 um mehr als eine Milliarde Euro gestiegen sind. Die vom Vorhabenträger Femern A/S lange kolportierte Aussage, der Tunnel amortisiere sich allein durch die Mautzahlungen der Nutzer, fällt damit wie ein Kartenhaus zusammen.
NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller sagte: „Die Warnrufe derjenigen, die vor dem ökonomischen und ökologischen Desaster des Tunnelprojekts unter dem Fehmarnbelt warnen, wächst unaufhörlich. Endlich mehren sich auch kritische Stimmen namhafter Experten in Dänemark. Verkehrsminister Alexander Dobrindt sollte auch für die deutsche Hinterlandanbindung schnellstmöglich neue Kostenschätzungen anstellen und dann aus dem Mammutprojekt aussteigen.“

Quelle: Pressemitteilung NABU

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