Vier Labels für faire Mode empfohlen
Immer mehr Verbraucher möchten ethisch konsumieren. Wer mit gutem Gewissen Mode kaufen will, findet immer mehr faire Alternativen. Allerdings sind die meisten Verbraucher verwirrt und überfordert, denn mittlerweile gibt es über 100 Nachhaltigkeitsstandards und Gütesiegel, die mehr Ökologie und faire Arbeitsbedingungen ausloben. Im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich haben BSD Consulting und GET CHANGED! The Fair Fashion Network untersucht, was sich hinter den bunten Zeichen und Siegeln verbirgt und neun der am weitesten verbreiteten, unabhängigen Nachhaltigkeitsstandards für faire Mode bewertet.
Der Standardvergleich beruht auf drei Kernfragen:
1. Was decken die Standards ab? Die Produktion von Bekleidung findet in verschiedenen Teilprozessen statt (Faserproduktion, Textilproduktion, Konfektion). Die einzelnen Produktionsschritte sind in der Regel über verschiedene Orte oder sogar Kontinente verteilt, dabei entstehen negative Folgen für Mensch und Umwelt. Ein Nachhaltigkeitsstandard sollte das Ziel haben, diese negativen sozialen und ökologischen Effekte zu reduzieren. Die Frage „Was deckt der Standard ab?“ fragt, in welchen Prozessstufen einer Produktionskette (Faserproduktion, Textilproduktion, Konfektion) ein Standard überhaupt die Verbesserung sozialer und/oder ökologischer Aspekte einfordert.
2. Wie umfassend decken die Standards soziale und ökologische Themen ab? Hier geht es um die Frage, wie umfassende Vorgaben ein Standard zu den wichtigsten sozialen (ILO Kernarbeitsnormen, Arbeitsstandards, Löhne, Arbeitssicherheit etc.) und ökologischen Aspekten (Schutz von Böden & Wald/Artenvielfalt, Chemikalien, Wasser) fordert.
3. Wie glaubwürdig und effektiv sind die Standards? Ein Standard kann die besten sozialen und ökologischen Kriterien definieren, diese aber nicht glaubwürdig und effektiv umsetzen. Ebenso unterscheiden sich Standards hinsichtlich der Qualität von Kontrolle und Sanktion der geforderten Vorgaben. Deshalb wurde analysiert, wie gut / robust das System der Nachhaltigkeitsstandards aufgestellt ist. Ein gutes / robustes Standardsystem macht es wahrscheinlicher, dass die definierten sozialen und ökologischen Kriterien auch tatsächlich umgesetzt werden.
Die Untersuchung zeigt folgende Resultate:
1. Was decken die Standards ab?
Kein Standard deckt in allen Prozessstufen der Lieferkette soziale UND ökologische Aspekte zufriedenstellend ab. Wenn eine Modefirma beide Bereiche über die gesamte Lieferkette mit Hilfe von Nachhaltigkeitsstandards glaubwürdig abdecken möchte, dann müssen mehrere Standards kombiniert werden.
Der weit verbreitete und bekannte ÖkoTex 100 Standard stellt unter den Standards hinsichtlich der Abdeckung von ökologischen Problemen in der Produktion eine Enttäuschung dar. Denn bei ihm werden weder soziale noch ökologische Kriterien für die einzelnen Produktionsschritte aufgestellt und kontrolliert. Hier wird lediglich im Labor getestet, ob das Endprodukt Substanzen enthält, die für die Träger der Kleidung schädlich sein könnten.
Keiner der untersuchten Standards deckt den Bereich „End of Life“ ab. Das heisst: Kein Nachhaltigkeitsstandard thematisiert das für Bekleidung ökologische relevante Thema des Überkonsums. Stattdessen beschränken sich die untersuchten Nachhaltigkeitsstandards im ökologischen Bereich auf die Verringerung der negativen Auswirkungen der Produktion.
Sechs Standards decken die Produktionsphase „Faserproduktion“ ab. GOTS, IVN Best und Bluesign decken nur ökologische Aspekte ab. CmiA, BCI und FLO Certified Cotton thematisieren soziale und ökologischen Aspekte.
Drei Standards (GOTS, IVN Best, Bluesign) konzentrieren sich auf ökologische Aspekte in der Produktionsphase „Textilproduktion“. Soziale Aspekte werden von den drei Standards eher am Rande betrachtet.
Zwei Standards (BSCI, FWF) konzentrieren sich ausschliesslich auf soziale Aspekte in der Produktionsphase „Konfektion“. FLO Certified Cotton deckt neben der Konfektion zusätzlich auch soziale Kriterien in der Rohstoff- und Textilproduktion ab. Zwei weitere Standards (GOTS, IVN Best) decken sowohl soziale als auch ökologische Aspekte in der Konfektion ab.
2. Wie umfassend decken die Standards soziale und ökologische Themen ab?
Zwar decken fast alle der untersuchten Nachhaltigkeitsstandards soziale Aspekte (ILO Kernarbeitsnormen, Löhne, Fabriksicherheit etc.) ab, aber die wenigsten tun dies umfassend. Am besten schneidet die FWF ab. BSCI, GOTS, IVN Best und FLO Certified Cotton schneiden im Sozialstandardbereich nur durchschnittlich ab, vor allem weil ein ernsthaftes Bemühen fehlt, existenzsichernde Löhne umzusetzen.
Bei den Standards FLO Certified Cotton, CmiA und BCI sind bei der Bewertung der sozialen Aspekte zusätzlich die Standards und Praktiken zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Baumwollbauern berücksichtigt, weshalb die FLO relativ gut abschneidet.
GOTS, IVN Best und Bluesign decken ökologische Aspekte relativ umfassend ab, wobei sich GOTS und IVN Best vor allem auf Naturtextilien beziehen und Bluesign vor allem bei der Produktion und Weiterverarbeitung synthetischer Fasern Anwendung findet. Bei den ökologischen Aspekten im Baumwollbereich sind CmiA, BCI und FLO Certified Cotton als Einstiegsstandards zu verstehen.
3. Wie glaubwürdig und effektiv sind die Standards?
Es wurden sieben Kriterien bewertet: (1) Governance; Einbezug von Stakeholdern beim Setzen von Standards, (2) Transparenz, (3) Rückverfolgbarkeit, (4) Kontrolle; Verifizierung, (5) Beschwerdesystem, (6) Managementsysteme, (7) Trainings. Nur ein Nachhaltigkeitsstandard – die FWF – schneidet in diesem Bereich empfehlenswert ab. Alle anderen Standards weisen noch Lücken auf, dabei sind CmiA, Bluesign und ÖkoTex 100 besonders lückenhaft.
Fazit
Um in allen drei wichtigen Produktionsschritten hohe soziale und ökologische Standards sicherzustellen braucht ein Unternehmen eine Kombination von Nachhaltigkeitsstandards. Besonders empfehlenswert sind gemäss vorliegender Bewertung die Standards FWF, GOTS, IVN Best, FLO Certified Cotton. Bei der Produktion und Weiterverarbeitung synthetischer Fasern schneidet im Bereich „Ökologische Aspekte“ der Standard von Bluesign gut ab, aber er weist erhebliche Mängel im Bereich „Glaubwürdigkeit / Effektivität“ auf.
Die Ergebnisse im Bereich „Glaubwürdigkeit / Effektivität“ zeigen, dass sich eine Modefirma nicht alleine auf ihrem Nachhaltigkeitsstandard oder -zertifikat ausruhen kann. Um die Produktion nachhaltiger zu gestalten, muss eine Modefirma eine umfassende Strategie aufbauen, die es erlaubt, die in den Standards festgelegten sozialen und ökologischen Kriterien umfassend und langfristig umzusetzen. Anleitungen hierzu finden sich z.B. auf www.kompass-nachhaltigkeit.ch.
Für Verbraucher ist diese Situation schwierig zu überschauen. Deshalb hat GET CHANGED! The Fair Fashion Network den Fair Fashion Finder initiiert und der AK Oberösterreich ihn nach Österreich gebracht. Auf dem Fair Fashion Finder von GET CHANGED! bekommen Konsumierende einen Überblick sowie Detailinfos zu mittlerweile 70 Modelabels, die hohe Nachhaltigkeitsstandards umsetzen. Auf einer Karte werden über 300 Shops angezeigt, die diese Labels verkaufen.
Details zur Bewertung finden Sie auf http://www.getchanged.net/de/magazin/hintergrund/ Fair Fashion Finder auf www.getchanged.net oder www.getchanged.net/de/arbeiterkammer/ Projektpartner
Arbeiterkammer Oberösterreich: http://ooe.konsumentenschutz.at
BSD Consulting: www.bsdconsulting.com & GET CHANGED! The Fair Fashion Network: www.getchanged.net
Quelle: Mitteilung Arbeiterkammer Oberösterreich in Kooperation mit BSD Consulting und GET CHANGED!