Bio-Eier von glücklichen Hühnern
Das ganze Jahr über brauchen wir Eier zum Backen und Kochen, als Frühstücksei, Rührei, Eiersalat und vieles mehr. Gerade jetzt an Ostern bietet sich die Gelegenheit noch einmal genau hinzuschauen, wo das was wir essen herkommt und unter welchen Bedingungen die Hühner ihre Eier legen.
Nicht jedes Bio-Ei stammt auch wirklich von einem glücklichen Huhn. Wer sicher gehen will, kauft die Eier auf dem Wochenmarkt, vom Bauern seines Vertrauens, denn es geht auch anders.
Der Melcherhof im Ibental bei Freiburg
Bei einem Besuch auf dem Hof kann man sich selbst davon überzeugen, dass es den Tieren gut geht. Die Hühner spazieren frei auf der Wiese herum. Wenn sie wollen, können sie Schutz in einem fahrbaren Hühnerstall suchen. „Ich habe einen Anhänger zum mobilen Hühnerstall umgebaut, dann kann man den Stall einfach ein Stück weiter schieben und den Zaun versetzen, wenn die Hühner die Wiese lang genug genutzt haben“, erklärt Balthasar Herr. Er ist nicht nur Hühnerexperte, sondern auch ausgebildeter Landwirt. Seit dem Tod seines Vaters im Frühjahr 2013 führt der 22-Jährige gemeinsam mit seiner 20-jährigen Schwester Paula den gepachteten Hof weiter.
„Es ist ein Vollerwerbsbetrieb, der sehr viel Arbeit fordert. Das muss man mögen. Dafür leben wir in der Natur und mit den Tieren hier in der schönen Umgebung, das hat viele Vorteile“, sagt er. Bioprodukte sind nach wie vor gefragt, der Absatz steigt stetig.
Sundheimer Hühner liefern Fleisch und Eier
Die Sundheimer Hühner züchtet Balthasar Herr seit März 2013. Aus drei Hennen und einem Hahn sind mittlerweile 30 Tiere geworden. Der Vorteil dieser alten, badischen Zweinutzungsrasse ist, dass die Hähne bis zu 3,5 Kilo schwer werden und gutes Fleisch bringen und dass die Hennen bis zu 220 Eier im Jahr legen. Bei der konventionellen Züchtung von Hybridhennen, also bei der Kreuzung unterschiedlicher Rassen, kommt als Ergebnis eine Hochleistungshenne heraus, die bis zu 300 Eier im Jahr legt. Allerdings werden dabei die männlichen Küken getötet und enden unter anderem als Tierfutter in Zoos.
Die Sundheimer Hühner können beides, Fleisch und Eier liefern, und sie sind robust. Dadurch brauchen sie weniger Medikamente. Zu fressen bekommen sie biologisch angebauten Weizen, Hafer und Gerste. „Noch kaufen wir das Bioland-Futter von der Dachswanger Mühle in Umkirch, aber nächstes Jahr möchte ich das Getreide selbst anbauen“, sagt Balthasar Herr.
Dabei geht es ihm nicht nur darum, Kosten zu sparen oder selbst die Qualität des Getreides zu kontrollieren, dem Jungbauern ist wichtig im Einklang mit der Natur zu arbeiten und den Kreislauf auf dem Hof geschlossen zu halten. Die Hühner und Kühe düngen die Wiesen und Felder, die Kühe weiden auf den eigenen Wiesen, die Hühner fressen selbst angebautes Getreide. Denn neben den Hühnern gibt es 17 Kühe, acht Rinder und einige Kälber auf dem Hof.
Hochwertiges Fleisch vom Kalb und vom Rind
Derzeit konzentrieren sich die Geschwister auf die Herstellung von hochwertigen Fleisch- und Wurstwaren. Das Kalbfleisch ist etwas besonderes, denn die Mutterkühe bekommen nur Gras von der eigenen Weide zu fressen. Im Sommer sind sie die ganze Zeit draußen, im Winter stehen sie im Stall, bekommen aber kein Kraftfutter, sondern Heu. So bekommen die Kälber vier Monate lang hochwertige Muttermilch, ehe sie geschlachtet werden, was sich dann bei der Fleischqualität bemerkbar macht.
Die Tiere brauchen keine Antibiotika. „Wenn doch einmal ein Tier krank wird und Medikamente braucht, warten wir doppelt so lange wie nötig, ehe wir die Milch oder das Fleisch nutzen.“
Zum Schlachten bringt Balthasar die Tiere zu seinem Onkel, der in Waldkirch-Buchholz eine Bioland-Metzgerei führt.
Ausbau der eigenen Käserei ist geplant
Durch die Konzentration auf die Kalbfleischherstellung sind derzeit keine Milch und kein Joghurt mehr für den Verkauf übrig. „Wir wollen das aber in Zukunft wieder aufnehmen, müssten dazu aber erst noch unsere Käserei ausbauen, was eine größere Investition erfordert“, erklärt Balthasar Herr.
Derzeit kaufen die Geschwister frischen Rohkäse von anderen Bio-Höfen zu und pflegen sie täglich im eigenen Käsekeller bis zur verkaufsfähigen Vollreife. Diese aufwändige Handarbeit kann mehr als ein Jahr dauern.
Die 20-jährige Paula Herr studiert derzeit Tierheilpraktik und wird sich in Zukunft noch intensiver um die Tiere kümmern können. Gelegentlich sind Praktikanten von verschiedenen Waldorfschulen auf dem Hof.
Solarzellen für eine nachhaltige Lebensführung
Seit 17 Jahren hat die Familie den Hof gepachtet. Der Verpächter hat Solarzellen auf dem Dach angelegt, geheizt wird mit Holzhackschnitzeln aus dem nahe liegenden Wald.
So ist nicht nur die Produktion, sondern auch das tägliche Leben auf dem Bauernhof im Sinn einer nachhaltigen, ökologisch orientierten Lebensführung. Und das mit Freude und Genuss – und wer den Käse oder das Fleisch probiert hat, wird den Unterschied zu konventionellen Produkten schmecken.
Es gibt noch eine 260 Jahre alte Wassermühle auf dem Hof. Sie wurde vor 15 Jahren renoviert, der Mühlstein ist noch im Original erhalten. Gelegentlich wird dort Mehl für Bäckereien gemahlen und samstags können Besucher schauen, wie sich das Mühlrad dreht.
Mehr Informationen auf www.melcherhof.net.
Von Anja Lusch