Nachhaltigkeit, soziales Engagement und Toleranz wichtige Grundwerte
Das United World-College (UWC) Robert Bosch College in Freiburg ist seit heute offiziell eröffnet. Es ist eine in ihrer Art einmalige Oberstufenschule für Schülerinnen und Schüler aus der ganzen Welt. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt der Robert Bosch Stiftung und der Deutsche Stiftung UWC. Unterstützung erfährt es außerdem vom Land Baden-Württemberg, das die Hälfte der laufenden Kosten trägt.
Nachhaltigkeit, soziales Engagement und Toleranz für andere Kulturen, das sind wesentliche Eckpfeiler und Grundwerte des United World-College (UWC). Es gibt zurzeit zwölf Colleges weltweit, Freiburg ist das einzige in Deutschland. Mitte August sind die ersten 102 Schüler/innen in die neuen Wohnhäuser am Hang in der Kartäuserstraße eingezogen. Weitere 100 Schüler kommen erst im zweiten Jahr dazu. Grundlegende Werte sind Nachhaltigkeit, soziales Engagement, Verantwortungsbewusstsein und Toleranz. Diese Werte finden sich nicht nur im Lehrplan, sie werden auch im Schulalltag gelebt und beim Bauen und Umbauen berücksichtigt.
Schülerpraktika mit Kooperationspartnern
Während der gesamten Schulzeit werden die Jugendlichen im Alter von 16 bis 19 Jahren sich dreimal pro Woche in unterschiedlichen Projekten kreativ, sportlich und sozial engagieren. Die Schüler/innen engagieren sich regelmäßig über einen Zeitraum von einem Jahr in einem Projekt. Das CAS-Programm ist ein zentraler Bestandteil des UWC-Konzepts.
Grundwerte des UWC – Nachhaltigkeit, soziales Engagement und Toleranz
Engagement ist gefragt und Toleranz. Kurt Hahn, Begründer der UWC-Bewegung war der Ansicht, dass die Grenzen, die bei den Jugendlichen im Kopf entstehen, am ehesten dann aufbrechen, wenn sie miteinander leben, lernen und über die Beschäftigung mit einer Sache, zum Beispiel mit Nachhaltigkeit. Und dies nicht nur im Schulalltag oder in den Projekten, das gilt auch für die Schulgemeinschaft. „Für eine nachhaltige Zukunft ist es wichtig, diesen Austausch miteinander anzugehen“, so Christian Bock, der pädagogische Leiter des Robert Bosch Colleges.
Schüler/innen packen im Haushalt mit an
Zu tun gibt es hier genug. Die Jugendlichen werden auch in den normalen Alltag mit eingebunden. Sie helfen im Haushalt, in der Küche und im Kräutergarten. „Wie das konkret aussehen wird, das wird gemeinsam entschieden. Aber die Rahmenbedingungen stehen und im Zusammenleben gilt für alle das Jugendschutzgesetz. Die Lehrer leben als Bezugspersonen im angrenzenden Lehrerhaus. Es ist immer ein Erwachsener für zehn Jugendliche zuständig und verantwortlich.“, so Christian Bock.
Schüler übernehmen Verantwortung, helfen mit und kümmern sich um andere
Hier wird mit angepackt und jedes Kind muss für einen bestimmten Bereich Verantwortung übernehmen. Vier Schüler oder Schülerinnen teilen sich ein Zimmer, es sind immer ein/e Deutsche/r und drei aus anderen Nationen zusammen. In jedem Haus gibt es eine Etage mit drei Zimmern mit jeweils vier Schülerinnen und eine Jungsetage. Auf jeder Etage gibt es WC und Duschen und in jedem Haus einen Gemeinschaftsraum mit Küche. „Die Schüler, die sich hier bewerben, wollen in der Gemeinschaft leben. Die Möbel sind flexibel. Wer seinen eigenen Bereich braucht kann eine Trennwand nutzen, aber wir hatten auch schon einen Fall in einem College in Kanada, wo sich ein Junge aus Indonesien einsam gefühlt hat, der sonst in einer Großfamilie gelebt hat. Die Jungs haben dann alle vier Betten nebeneinander geschoben für die ganze Schulzeit. Alle fanden das klasse“, so Christian Bock. Trotzdem gibt es Rückzugsmöglichkeiten für Einzelne und klare Regeln im Zusammenleben.
Nachhaltiger Bau und Umbau, Erhalt der Baudenkmäler
Die Robert Bosch Stiftung hat das Grundstück und die Gebäude der Schule finanziert, sie ist auch für die Renovierung und den Erhalt der denkmalgeschützten Gebäude zuständig. In Zusammenarbeit mit der Stadt Freiburg ist sie auf einem guten Weg, alle Gebäude zu erhalten und wieder instand zu setzen. Wichtig ist aber zunächst, dass die Schülerhäuser fertig werden, dann die Lehrräume im ehemaligen Kartäuserkloster. Der historische Bauernhof, das historische Wasserkraftwerk, das Wäschehaus und die Nebengebäude sind zum Teil 250 Jahre alt. Sie sollen alle erhalten werden. Wie sie endgültig genutzt werden ist noch nicht ganz klar. Auf den Dächern der Schüler- und Lehrerhäuser befinden sich Solaranlagen, Warmwasser für den Eigenbedarf und den gesamten Strom kann die Schule so selbst erzeugen.
Der alte Kräutergarten als wichtiger Teil des pädagogischen Konzepts
Der denkmalgeschützte Kräutergarten der Kartaus ist 650 Jahr alt. Früher nutzen ihn die Mönche, um Gemüse und Heilkräuter anzupflanzen. Diese Tradition pflegt Eva-Maria Schüle weiter. Im Rahmen einer Teilzeitstelle beim UWC betreut sie ab August den Garten gemeinsam mit ehrenamtlichen Helfern/innen und bald schon mit den Schülern/innen. Es gibt Gemüse für den Eigenbedarf, eigene Tinkturen aus Kräutern wie der Engelwurz und Apfelsaft aus Äpfeln von eigenen Bäumen.
Die ganze Familie hat sich seit vielen Jahren für den Erhalt des Geländes engagiert. „Ich war immer zuversichtlich, dass mein Fachwissen auch hier weiterhin gefragt sein wird. Ich habe mich selbst mal beim UWC beworben und mir war dadurch klar, dass die Zusammenarbeit gut klappen wird“, sagt Eva-Maria Schüle. Eva-Maria Schüle ist mit dem Gelände verwurzelt, sie ist im angrenzenden Forsthaus auf dem Weg nach St. Ottilien aufgewachsen. Seit 1992 hat sie in der ehemaligen Kartauswirtschaft gewohnt. Zur Beginn des Umbaus mussten sie ihre Wohnung auf dem Gelände verlassen. Übergangsweise weiden ihre Schafe noch hier. „Aber wir werden auch für das Gelände hier eine langfristige Lösung finden, damit die Wiesen wie bisher gepflegt werden“, meint Christian Bock. Denn wo könnten die Schüler/innen besser Nachhaltigkeit erfahren und erleben als auf dem eigenen Grundstück, auf dem die Schüler bei der Landschaftspflege helfen, Unkraut jäten, pflügen, Obst ernten. Heu machen oder den Kompost anlegen.
Schulprojekt – Freiburger Stromschlössle
Auch das angrenzende Stromschlössle wird weiterhin betrieben. Es ist über 100 Jahre alt und hat lange Jahre aus Wasserkraft Gleichstrom erzeugt. Im August 1909 wurde ein Stromvertrag mit dem damaligen „Dorf“ Littenweiler abgeschlossen. 1914 nach der Eingemeindung wurde die Stromversorgung durch die Kartaus wieder zurückgebaut. Roland Schüle, der Onkel von Eva-Maria Schüle kümmert sich bis heute um das Technikdenkmal. Jetzt bekommt er Unterstützung von den Schüler/innen, denn Umwelttechnik ist eines der Schwerpunktfächer und hier können die Schüler/innen praktische Erfahrungen sammeln.
Auswahl der Schüler nach sozialem Engagement und Fähigkeiten
Für das inhaltliche Konzept und für die Auswahl der Schüler/innen die 147 nationalen Auswahlkomitees in 147 Ländern unabhängig von der Schule zuständig. Wichtig ist, dass die Schüler/innen sich schon während ihrer Schulzeit in sozialen, kulturellen oder ökologischen Projekten engagiert haben. Die Schulleistungen spielen auch eine Rolle, aber da die Schüler/innen aus vielen unterschiedlichen Ländern kommen, sind die Leistungen schwierig zu vergleichen. Es wird vor allem darauf geschaut welche Fähigkeiten und Potenziale die Jugendlichen haben. In den ersten drei Monaten werden alle Jugendlichen auf einen gemeinsamen Wissensstand gebracht. Englisch ist Unterrichtssprache, aber es gibt keinen Aufnahmetest, die Schüler lernen die Sprache dann in der Schule. Auf 45 der Plätze für deutsche Schüler/innen gab es 400 Bewerbungen. Allerdings bewerben sich die Schüler/innen für das UWC, ohne zu wissen in welches Land sie kommen, sie können aber Präferenzen angeben.
Erst die Zusage – dann das Geld
Jeder/e Schüler/in hat die gleichen Chancen aufgenommen zu werden, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Erst erfolgt die Zusage, dann wird geschaut, was die Eltern zahlen können. Anhaltspunkt und Richtwert ist das, was die Kinder zuhause kosten würden, wenn sie wohnen, essen, leben. Das ist in jedem Land sehr unterschiedlich, Minimum wäre hier in Deutschland das Kindergeld. 1/3 der Kinder erhalten ein Vollstipendium und viele ein Teilstipendium, dabei bekommen sie auch die Heimflüge in den Ferien finanziert. So leben und lernen ehemalige Straßenkinder mit Kindern wohlhabender Eltern aus den unterschiedlichsten Nationen, mit verschiedenen Religionen und kulturellem Hintergrund zusammen. Wer sich hier bewirbt, lässt sich auf die Herausforderung ein und geht mit vielen Freunden aus aller Welt dann weiter im Leben. Viele ehemalige Schüler/innen bleiben dem UWC auch weiterhin verbunden, übernehmen Patenschaften oder unterstützen die Idee mit ihrem Einsatz oder finanziell.
Mehr Informationen auf www.uwcrobertboschcollege.de
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