ÖKO-TEST zur Finanzstärke von Lebensversicherern
Deutschlands Lebensversicherer klagen nach wie vor bitter über die anhaltende Niedrigzinsphase. Doch eine aktuelle Analyse des Verbrauchermagazins ÖKO-TEST zeigt: Schlecht geht es nur den Kunden. Die bekommen statt mehr immer weniger Geld. Auch den im Presseversor- gungswerk versicherten Journalisten wurde laut der Zeitschrift übel mitgespielt.Glaubt man der Versicherungsbranche, besteht die Gefahr, dass Lebensversicherer durch die anhaltende Niedrigzinspolitik in eine finanzielle Schieflage kommen. Demnach könnten sie ihre Zusagen gegenüber den Versicherten womöglich nicht mehr einhalten, wenn sich der Trend fortsetzt. Daher nimmt die Branche einen neuen Anlauf, die vor dem Verfassungs- gericht durchgesetzte 50-prozentige Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven zusammenzustreichen.
Die Kürzung konnte im Vorjahr zu Zeiten des Wahlkampfs gerade noch mit Hilfe der Bundesländer verhindert werden, nachdem der Bundestag die notwendige Gesetzesänderung bereits still und leise durchgewunken hatte. Bewertungsreserven sind die Differenz zwischen den Buch- und Marktwerten der Kapitalanlagen, welche die Versicherer mit den Beiträgen der Kunden erworben haben. Dieses Geld wird erst bei Vertragsbeendigung ausgezahlt. Setzt sich die Branche durch, kann das für Kunden sogar doppelt teuer werden. Denn sie müssen dann nicht nur auf die Beteiligung an den Bewertungsreserven verzichten, sondern auf weit mehr.
Beteiligung am Schlussgewinn gekürzt
Wie ÖKO-TEST nach detaillierter Analyse diverser Kundenverträge feststellte, greifen viele Anbieter längst ungeniert in andere Töpfe der Überschussbeteiligung, um die Bewertungsreservebeteiligung daraus zu finanzieren. So wurde nach den Erkenntnissen des Verbrauchermagazins zum Beispiel 2008 bei Einführung des neuen Gewinnbausteins „Bewertungsreserve“ einfach die Beteiligung am Schlussgewinn entsprechend gekürzt. Das habe Versicherte allein in 2008 ein paar Hundert Euro bis 2.400 Euro gekostet. Betroffen seien schätzungsweise zwei Drittel aller Versicherungskunden, darunter auch sämtliche Journalisten, deren Altersversorgung über die Presseversorgung geregelt werde. Ob das rechtlich überhaupt zulässig ist, wird derzeit noch geprüft. Doch Fakt ist laut ÖKO-TEST auf jeden Fall: Eine echte Zusatzausschüttung – wie vom Verfassungsgericht 2005 gefordert – bekommen die Kunden gar nicht. Stattdessen habe die Branche von vorn herein geplant, das Geld dafür aus anderen Gewinnbausteinen abzuzweigen. Das würden Dokumente der Deutschen Aktuarvereinigung aus 2008 belegen, so die Tester.
Branche erzielt weiter Gewinne
Der tiefe Griff in die Tasche der Kunden werde von der Branche aber ebenso perfekt verschleiert wie der Umstand, dass eine echte Notlage der Versicherer nicht zu erkennen sei. Das belege eine weitere Analyse von ÖKO-TEST. Das Verbrauchermagazin hat einen Blick in die Bilanzen der deutschen Lebensversicherer geworfen und dabei vor allem die Ertragslage und die Stabilität der Unternehmen geprüft. Dabei habe sich gezeigt, dass die Unternehmen nach wie vor Gewinne erwirtschafteten. Auch die Garantiezinsen könne die Branche noch locker finanzieren. Die Nettoverzinsung, die die Versicherer mit ihren Kapitalanlagen erzielten, betrug 2012 bei den von ÖKO-TEST untersuchten Unternehmen im Schnitt 4,56 Prozent. Damit lägen die Zinseinnahmen noch deutlich über den Garantiezinsen von durchschnittlich 3,15 Prozent. Zudem verfüge die Branche weiterhin über hohe Bewertungsreserven. Auch die Töpfe mit bereits erzielten, aber noch nicht ausgeschütteten Gewinnen seien prall gefüllt. Insgesamt schlummerten hier weitere 40,8 Mrd. Euro, die eigentlich den Kunden zustünden.
Gute Zeiten für Aktionäre
Gleichzeitig zeigt die ÖKO-TEST-Analyse, dass die Lebens- und Rentenversicherer ohnehin schon seit Jahren immer weniger von den insgesamt erwirtschafteten Überschüssen an ihre Kunden ausschütten. Das liegt angeblich an der schwierigen Kapitalmarktlage. Ihren Aktionären schustert die Branche jedoch die Gewinne gerne zu. Deren Anteil am Kuchen hat sich seit dem Jahr 2002 glatt verdoppelt.
Quelle: Pressemittielung ÖKO-TEST